Arbeitsgemeinschaft
Notopfer- und Wohnungsbaumarken e.V.

im Bund Deutscher Philatelisten (BDPh) e.V.

Zeitgeschichtlicher Überblick

A. Britische und Amerikanische Zone

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, im Mai 1945, war das ehemalige Deutsche Reich zwischen den Siegermächten in vier Zonen geteilt worden. Der Westen in eine britische, amerikanische und französische. Der Osten war von den sowjetischen Truppen besetzt. Die einstige Reichshauptstadt Berlin war in vier Sektoren gespalten. Auf der Außenministerkonferenz in London, Ende 1947, scheiterte ein britischer Plan zum wirtschaftlichen und politischen Zusammenschluss aller vier Besatzungszonen an den Forderungen des sowjetischen Außenministers Molotow. Die Westmächte versuchten daraufhin, ihre eigenen Vorstellungen zu verwirklichen. Der “Brüsseler Pakt”, vom März 1948, richtete sich formal zwar gegen die Erneuerung einer deutschen Aggressionspolitik, war jedoch durch allgemeine Beistandsklauseln gegen die Sowjetunion gerichtet. Im Mai 1948 beschlossen die Westmächte in London, die Voraussetzungen für einen westdeutschen Staat zu schaffen.

Zeitgeschichte Brandenburger Tor
Abb. 1:

Am 20. Juni 1948 entstand durch eine allgemeine Geldabwertung im Verhältnis 10:1 die Deutsche Mark. Am 23. Juni führte die Sowjetunion in ihrem Einflussgebiet eine eigene Währungsreform durch. Im Laufe des Juni traten die Differenzen zwischen Ost und West immer deutlicher hervor. Die Krise erreichte ihren Höhepunkt durch den Anschluss Berlins an die westdeutsche Währungsreform. Der sowjetische Militärgouverneur erklärte, er betrachte ganz Berlin wirtschaftlich als Teil der Sowjetischen Zone. Er wollte daher die Ostmark im gesamten Gebiet von Berlin einführen. Die Westmächte widersetzten sich dieser Maßnahme, indem sie ihrerseits die Westmark in ihren Sektoren Berlins zum gesetzlichen Zahlungsmittel machten. Daraufhin verhängte die Sowjetunion am 24. Juni 1948 die vollständige Blockade über alle Eisenbahnen, Straßen und Wasserwege von und nach Berlin.

Amerikanische und britische Flugzeuge schufen zwar seit dem 26. Juni, ausgehend von den Flugplätzen Schleswig, Lübeck, Hamburg, Celle, Faßberg, Wunstorf, Bückeburg, Frankfurt und Wiesbaden, eine Luftbrücke, um die Bevölkerung mit dem Nötigsten zu versorgen. Dennoch litten die Menschen große Not. Um wenigstens etwas zu helfen, erging in der britisch-amerikanischen Zone am 8. November 1948 das Gesetz des Wirtschaftsrates des Vereinigten Wirtschaftsgebietes über das “Notopfer Berlin”. Es verlangte von jedermann zusätzliche Steuern vom Einkommen. Neben anderem wurde auch der Zwang eingeführt, vom 1. Dezember 1948 an eine Reihe von Postsendungen mit einer kleinen blauen Zusatzmarke im Nennwert von 2 Pfennigen zu bekleben. Der Abgabezeitraum, zunächst befristet bis Ende Februar 1949, wurde des großen Erfolges wegen (schließlich taten die 2 Pfennige niemandem weh) immer wieder verlängert, zunächst bis Ende April, dann bis Ende Dezember 1949, hiernach jeweils bis zum Jahresende 1950 bzw. 1951, schließlich unbefristet. Erst am 31. März 1956 wurde der Verwendungszwang aufgehoben.

Berliner Luftbrücke
Abb. 2:

In diesen sieben Jahren und vier Monaten kamen auf solche Weise immerhin fast 430 Millionen Deutsche Mark zusammen, die der Berlin-Hilfe zugeführt werden konnten.

B. Französische Zone

In der Französischen Zone wurde das Notopfer Berlin in den Ländern Baden, Rheinland-Pfalz und Württemberg-Hohenzollern sehr unterschiedlich gehandhabt. Zeitweise wurde es von der Wohnungsbauabgabe ersetzt. Nach Gründung der Bundesrepublik Deutschland wurde per Bundesgesetz das Notopfer Berlin ab 01. Januar 1950 in der Französischen Zone wieder eingeführt.

1. Die Notopfermarke

Die Behandlung des Notopfer-Berlin-Gesetzes in den Ländern der Französischen Zone war recht unterschiedlich, da die drei Landtage es zu jeweils anderen Zeitpunkten übernahmen.

  • In Baden galt die Verwendungspflicht vom 01.07.1949 – 02.07.1949, vom 17.07.1949 – 31.12.1949 und ab 01.01.1950 – 31.03.1956.
  • In Rheinland-Pfalz galt die Verwendungspflicht vom 01.02.1949 – 31.03.1949, vom 0l.07.1949 – 31.12.1949 und ab 01.01.1950 – 31.03.1956.
  • In Württemberg-Hohenzollern galt die Verwendungspflicht vom 10.01.1949 – 31.05.1949 und ab 01.01.1950 – 31.03.1956.

Am 31. Mai 1949 endete für Württemberg-Hohenzollern einschließlich des Stadt- und Landkreises Lindau die Abgabepflicht für das Notopfer Berlin. Auf Veranlassung der damaligen französischen Besatzungsbehörde sollte vom 1. Juli 1949 an der soziale Wohnungsbau unterstützt werden, und zwar als direkter Abzug vom Einkommen, aber auch als Abgabe auf Postsendungen.

2. Die Wohnungsbauabgabe

Wohnungsbauabgabe_rot
Abb. 3: Erste Überdruckmaßnahmen (siehe A. und B.)
Wohnungsbauabgabe gelb
Abb. 4: Endgültige Ausgabe (siehe C.)
A. Die Provisorien der Druckerei Marquart
Abb. 5:

Die Oberpostdirektion Tübingen hatte daher ab 1. Juni 1949 sämtliche an den Postämtern ihres Bereichs noch vorhandenen Bestände an Notopfermarken einziehen lassen und sie der Formblatt- und Beschaffungsstelle im Schloss von Aulendorf übergeben. Von dort wandte man sich an die ortsansässige Druckerei Marquart, um die verfügbaren ca. 25.000 Bogen mit dem Schriftzug Wohnungsbau-/abgabe” zu überdrucken. Trotz aller Bedenken erklärte sich Marquart bereit, den Überdruck vorzunehmen, da die Zeit drängte – denn bereits zum 1. Juli 1949 sollten die überdruckten Marken an den Postschaltern vorliegen.

Erste Probedrucke in Gelb und Schwarz wurden verworfen, ehe man sich auf den roten Überdruck einigte.
Die Arbeit bei Marquart wurde Tag und Nacht durch die Beamten der Formblattstelle überwacht. Die in großen Mengen anfallende Makulatur wurde gleich an Ort und Stelle verbrannt. Nach Beendigung des Druckauftrages sind die Druckplatten in Leutkirch unter Aufsicht eingeschmolzen worden.

B. Die Provisorien der Druckerei Wegener
Wohnungsbau_Wegener
Abb. 6:

Gleichzeitig erging auch an die Firma Wegener in Alfeld der Auftrag, die ebenfalls bei ihr vorrätigen Bestände mit dem roten Überdruck “Wohnungsbau-/abgabe” zu versehen. Man verwendete dazu die seit zwei Monaten in großen Mengen hergestellte Katalognummer 2 CZDie Lieferung in Höhe von 15.990 Bogen wurde am 20. Juli 1949 vorgenommen. Die verschiedenen Überdruck-Typen sind den Katalogwerken zu entnehmen.

C. Die endgültige Ausgabe

Wie konnte das passieren ? Falsche Farbe!!!

Der endgültige Entwurf für eine Wohnungsbaumarke, die kein Provisorium mehr sein sollte, war inzwischen fertiggestellt und der Druckerei Wegener übermittelt worden. Zunächst wurden Probedrucke auf starkem, sämischen Papier in verschiedenen Gelbtönen hergestellt. Infolge eines Missverständnisses bei der Auftragserteilung lieferte Wegener jedoch statt des bestellten kräftigen Orange ca. 85.000 Bögen eines sehr hellen Gelb (Nr. 3a), welches die Bildzeichnung kaum noch erkennen ließ. Auch eine zweite Lieferung in Höhe von ca. 5.000 Bögen (Nr. 3b) war immer noch zu hell, ehe endlich im Oktober im Umfang von ca. 35.000 Bögen die bestellte, kräftige Farbe (kräftiges Orange) geliefert wurde (Nr. 3c).

Bis zum 30. September 1949 konnten die Aufdruck-Provisorien gegen die gelben Marken umgetauscht werden, behielten aber bis zum 31. Dezember 1949 im Postverkehr mit den drei Westzonen ihre Gültigkeit.